top of page



Frau liegt im Bett

Die Frage, wie ein Paar wieder zu mehr Begehren oder überhaupt wieder zu gemeinsamer Sexualität kommen kann, gehört zu den häufigsten Fragen in der Paar- und sexualtherapeutischen Praxis. Nicht selten schildern Paare, dass sie eigentlich eine schöne Paarbeziehung führen, Job, Kinder und Haushalt gemeinsam unter einen Hut bekommen, sich gut verstehen, gerne Zeit miteinander verbringen aber die sexuelle Lust aufeinander abhandengekommen ist. Manchmal nur bei einem von beiden, wobei es nicht immer der Mann ist, der häufiger Sex möchte, bei vielen Paaren ist es auch andersherum und manchmal haben beide das sexuelle Interesse aneinander scheinbar verloren. Bei sexueller Lustlosigkeit spricht man auch von einer Appetenzstörung. Doch handelt es sich dabei um eine tatsächliche Störung? Wo ist sie hin, die Lust? Und was kann man dagegen tun?

Wenn wir wollen, dass soziale Kontakte, Sport oder andere Hobbys in unserem Lebensmodell enthalten sind, investieren wir viel Zeit und Energie darauf. Aber bei der Sexualität wird oft erwartet, dass sie sich von allein ergibt, dass man nix dafür tun muss. Manche haben gar den Irrglauben, dass wenn man etwas dafür tun muss oder wenn man Sexualität plant, sei sie nicht mehr „echt“.  Diese oder ähnliche Glaubenssätze und die damit einhergehende Fixierung auf „Spontanität“ stehen einer erfüllten Sexualität häufig im Weg.

Anders als viele denken ist „Lust auf Sex“ kein Normalzustand. Es handelt sich nicht um eine biologische Basisfunktion wie Hunger oder Müdigkeit, die einfach über uns kommt. Im Gegenteil. Gerade in langjährigen Beziehungen ist das eher die Ausnahme und die spontane Lust aufeinander wird immer seltener oder ist einfach nicht mehr da. Und warum?

In langjährigen Beziehungen können wir in der Regel unsere Bedürfnisse, nach Geborgenheit, Nähe und Sicherheit erfüllen. Diese Bedürfnisse haben wir alle, sie gehören zu den Grundbedürfnissen und sind uns sozusagen einprogrammiert. Gleichzeitig haben wir alle aber auch, scheinbar im Widerspruch hierzu, das Bedürfnis nach Neuem, nach Abenteuer und Spontanität.

Diese nach Neuem strebende Seite in uns ist es, die mit Begehren, mit sexueller Lust in Zusammenhang steht. Zwischen uns und dem, was wir begehren, gibt es immer eine Distanz. Wir können also niemanden begehren, zu dem wir keinen Abstand haben. „Die größte Illusion verbindlicher Liebe besteht darin, dass wir unseren Partner ganz für uns zu haben glauben. In Wahrheit sind und bleiben sie eigenständig und mit Geheimnissen behaftet, die wie nicht ergründen werden. Wenn wir das einzusehen begonnen haben, wird dauerhaftes Verlangen möglich.“ (Perel)

Was ist also zu tun? Nicht warten, dass im oft schnellen und vollen Alltag die spontane Lust auf Sexualität an die Tür klopft und sagt „hier bin ich!“, sondern selbst aktiv werden! Das bedeutet sich mit seinen eigenen Wünschen und seinem Begehren, seiner Lust auseinanderzusetzen. Sexuelle Lust oder Erregung wird im Großen und Ganzen durch zwei Dinge gesteuert. Zum einen die „Antörner“, also, was erregt mich, was bereitet mir Lust, welche Bedingungen brauche ich, damit ich sexuell erregt werde, zum anderen die „Abtörner“ also, was verhindert, dass sich Lust entfalten kann oder durch was wird vielleicht bereits vorhandene Lust sofort wieder im Keim erstickt.

Gemeinsam können sich Paare dann überlegen, wie sie Bedingungen planen und herstellen können, unter denen sich Lust entfalten kann. Und wie sie auch im Alltag der Erotik immer wieder einen kleinen Entfaltungsraum geben können. Letztendlich geht es dabei darum, auch in einer langjährigen, vertrauten Partnerschaft immer wieder einen durch Distanz entstehenden Raum wahrzunehmen und diesen dann mit erotischem Leben zu füllen. Spaß am Spiel, erotische Kurznachrichten, erotische Komplimente oder Gesten, letztlich ist alles erlaubt was für Spaß und eine gewisse Spannung sorgt. Spannend kann es auch sein, sich mit seinen eigenen und den des Partners ungelebten sexuellen Wünschen auseinanderzusetzen. Meist hat sich ein Paar im Laufe der Beziehung auf eine Art sexuelles Skript geeinigt und die in einer Beziehung gelebte Sexualität ist jeweils nur ein Teil des sexuellen Repertoires einer Person. Aus der sexuellen Komfortzone herauszutreten, eine andere Seite von sich zu zeigen, Grenzen zu verändern und Neues zu Entdecken kann dafür sorgen, dass unser Bedürfnis nach Neuem und Abenteuer plötzlich auch mit dem gerade noch so vertrauten Partner erlebt und gelebt werden kann.


Sex zu dritt ist eine der häufigsten Fantasien von Frauen und Männern. Tatsächlich praktiziert wird er jedoch nur von Wenigen. Was fasziniert die Menschen an Dreiern? Neue Erfahrungen sammeln, Spannung, Spaß, ein voyeuristischer Reiz oder intensivere Sinneserfahrungen erleben sind nur einige Gründe, warum einige Menschen so eine Lust darauf verspüren. Aber Dreier ist nicht gleich Dreier. Männer fantasieren häufiger von Sex mit zwei Frauen, während für Frauen oft beide Arrangements reizvoll sind. Auch die individuellen Grenzen können sehr verschieden verlaufen. Ist Küssen erlaubt? Ist Oralsex erlaubt? Ist Penetration erlaubt? Sind nur einige der Fragen, die Paare im Vorhinein klären sollten. Wenn die Regeln und Grenzen vorher und währenddessen gut abgesprochen und von jedem der Beteiligten klar kommuniziert werden, steigen die Chancen, dass die jeweiligen Erwartungen erfüllt werden, jeder auf seine Kosten kommt und es am Ende eine positive Erfahrung für alle Beteiligten ist.

Doch was, wenn in einer Partnerschaft nur einer von beiden einen Dreier möchte und die andere Person dies ablehnt? – Nicht jeder hat Lust oder ist bereit dazu, einen Dreier auszuprobieren. Viele sehen durch eine dritte Person die Intimität mit dem Partner verletzt oder empfinden starke Eifersucht, wenn sie den Partner „teilen“ sollen. Um hierüber miteinander ins Gespräch zu kommen, sollte man sich klar darüber werden, was einen genau an einem Dreier reizt, so dass man sich mit seinem Partner auf einer Ebene des Verstehens treffen kann. Hier kann geschaut werden, ob es Varianten, mit gewissen Regeln gäbe, die bei beiden zu einem „Wollen“ führen, ob es andere Möglichkeiten gibt, die Fantasien/Bedürfnisse desjenigen Partners zu erfüllen, der sich einen Dreier wünscht und wenn ja, ob und wie sie diese in ihre Beziehung integrieren möchten. Dabei ist es wichtig und unabdingbar für eine gelingende Partnerschaft, dass keiner den anderen unter Druck setzt, dass jeder mit seinen Bedürfnissen vom anderen gehört wird und beide in gleichem Maße ein Recht auf ihre Gefühle und ihr (Nicht-)Wollen haben.


Eine Trennung ist oft schmerzvoll, da sie mit verschiedensten Verletzungen einhergeht. Wenn eine Beziehung gescheitert ist, ziehen sich viele Menschen erst einmal zurück, vermeiden Nähe, um nicht wieder enttäuscht zu werden und die Wunden heilen zu lassen. Das ist völlig normal und auch gut so, damit sie nicht verwundet und dadurch geschwächt in die nächste Beziehung stolpern. Wie lange der Prozess der Verarbeitung dauert und wann man wieder bereit ist, eine neue Beziehung einzugehen, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, wie beispielsweise der Dauer und emotionalen Tiefe der gescheiterten Beziehung, der Art und Weise der Trennung, aber auch dem Selbstwert und der individuellen Resilienz des Menschen. Was aber, wenn die Angst vor erneuten Verletzungen dauerhaft das Eingehen einer neuen Beziehung verhindert? Natürlich gibt es viele Menschen, die ein glückliches und erfülltes Singleleben führen und sich gar nicht nach einer festen Beziehung sehnen. Problematisch wird es allerdings, wenn die Angst vor Verletzungen dazu führt, dass man sich immer mehr zurückzieht, immer weniger am sozialen Leben teilnimmt und die Lebensfreude insgesamt abnimmt. Da dies oft ein schleichender und unbewusster Prozess ist, ist es wichtig ehrlich zu sich selbst zu sein und sich beispielsweise die Fragen zu stellen: „Bin ich glücklich mit meinem Leben? Warum bin ich Single – tut mir das gut oder habe ich Angst vor erneuten Verletzungen?“ Stellt man fest, dass die Angst erneut verletzt zu werden einen daran hindert, das Leben zu führen, das man sich eigentlich wünscht, sollte man etwas ändern. Natürlich hilft einem die Erkenntnis nicht automatisch dabei, doch es ist der erste und damit wichtigste Schritt. Die Ängste dann abzubauen und sich ihnen zu stellen ist alles andere als einfach. Oft nähren sich Bindungsängste aus einem verletzen Selbstwert und dieser geht meistens einher mit negativen Glaubenssätzen wie „ich bin nicht liebenswert“, „ich mache ständig Fehler“, „ich bin nicht gut genug“. Solche Glaubenssätze entstehen allerdings nicht nur durch die gemachten Erfahrungen in Paarbeziehungen, sondern auch durch Beziehungserfahrungen, die wir als Kind mit unseren Eltern oder Bezugspersonen gemacht haben. Was kann man also tun?

Die Angst zu akzeptieren und auch deren positive Absicht, den Schutz vor erneuten Verletzungen anzuerkennen, ist ein erster wichtiger Schritt. Bücher zu diesem Thema zu lesen, mit Freunden oder Familienmitgliedern darüber zu sprechen, die Auslöser für die eigenen Ängste zu finden und aus eigenen, in der letzten Beziehung gemachten Fehlern zu lernen, kann helfen negative Glaubenssätze zu verändern und weitere Schritte auf dem Weg zu einer Veränderung zu gehen.

Wenn man dennoch merkt, dass (Bindungs-)Ängste die Kontrolle über das (Beziehungs-)Leben übernommen haben und man aus eigener Kraft nicht schafft, etwas daran zu ändern, sollte man sich dringend professionelle Hilfe suchen.

1
2
bottom of page